Ist Twitter für kleine Unternehmen zu wenig effektiv?

Social Blogging Wie Social Media Teams strukturiert sind.

Twitter ist ohne Zweifel einer der beliebtesten Social-Media-Plattformen überhaupt. Weltweit legt Twitter derzeit ein rasantes Wachstum hin und ist das soziale Netzwerk mit der größten Wachstumsrate. Unglaubliche 21% der globalen Bevölkerung mit Internet-Zugang sind jetzt auf Twitter aktiv.

Daran gemessen, fristet Twitter in Deutschland wei­ter­hin ein Nischen­dasein. Die Online-Studie von ARD und ZDF zeigt, dass etwa 50 Millionen der Deutschen regelmäßig online sind. Das ließe, legt man den globalen Durchschnitt zu Grunde, etwa 10 Millionen deutsche Twitterati erwarten. Zurzeit gibt es jedoch nur rund 1 Million Accounts, die in deutscher Sprache twittern. Das ist zwar eine Steigerung um ca. 50 Prozent gegenüber dem Vorjahr, aber im Vergleich mit der globalen Nutzung gibt es, vorsichtig gesagt, immer noch viel Luft nach oben.

Haben deutsche KMU ein besonders gutes Bauchgefühl?

Gerade die Inhaber von kleinen Unternehmen haben in der Regel begrenzte Zeit und Geld, um durch eingehende Untersuchungen oder langwierige Testreihen herauszufinden, welche die für sie effektivsten Möglichkeiten der Nutzung von sozialen Medien sind. Sie setzen Social Media oft ad hoc ein und bestimmen als Erfolgsfaktoren leicht messbare Größen wie Seitenzugriffe, Klickraten oder Direktverkäufe.

Folgt man einer Umfrage, die The Wall Street Journal kürzlich veröffentlicht hat, hätten deutsche KMU einen sicheren Instinkt bei der Auswahl der richtigen Social Media-Tools. Die Aussage des WSJ ist — scheinbar — eindeutig: «Small Firms Say LinkedIn Works, Twitter Doesn’t », ist der Artikel überschrieben.

Ergebnisse sind nicht einfach Ergebnisse

«Es gibt Lügen, verdammte Lügen und Statistiken.» Welcher Umstand Benjamin Disraeli zu diesem harschen Urteil motiviert hat, ist mir nicht bekannt. Auch bezogen auf die Aussage des WSJ ist dieses Urteil sicher zu hart, aber es ist wie so oft: Ergebnisse sind nicht einfach Ergebnisse, sondern so, wie Sie interpretiert werden (können).

Small_Firms_Say_LinkedIn_Works_Twitter_Doesn't

Da, wie leider so häufig, die Methodik der Untersuchung im Dunklen bleibt, ist die Frage erlaubt, welche Art von Unternehmen befragt wurden. Sollten es Unternehmen im B2B-Segment sein, wäre das Ergebnis plausibel, da LinkedIn in diesem Bereich eine wichtige Rolle zukommt, Twitter hingegen zu vernachlässigen ist. Immerhin nutzen 14% der befragten Unternehmen Twitter, auf die Frage «Welches Netzwerk hat das größte Potenzial?» wird Twitter nur von 3% genannt. Schlechter schneidet nur Pinterest ab, das ja bekanntlich eine sehr spezielle Nische bedient.

Unklar bleibt auch, was genau hinter dem Begriff Nützlichkeit steckt. Ist Traffic auf die eigene Website gemeint, sind es Leads/Sales, Image der Marke oder einfach nützliche Kontakte? Die Rangfolge bei der Bewertung des Potenzials mutet schon etwas merkwürdig an und passt in kein Schema: LinkedIn vor Anderen (von 11% genutzt mit 20% Potenzial), Youtube (13%/16%), Facebook (22%/14%) und Twitter (14%/3%). Twitter und Facebook werden danach auch von Unternehmen genutzt, obwohl sie den Netzwerken kein Potenzial zuschreiben?

Social Media spielt im B2B-Bereich noch keine große Rolle

Da kommt eine andere Umfrage mit gleicher Fragestellung wesentlich plausibler daher. Der «Optify’s 2012 B2B Marketing Benchmark Report» hat die Bereiche B2B-Marketing und Social Media näher betrachtet und dafür 62 Millionen Visits, 215 Millionen Page Views und 350.000 Leads von mehr als 600 kleineren und mittleren B2B-Websites analysiert, um zu ermitteln, welchen Einfluss Social Media auf das B2B-Marketing haben.

Nach dieser Untersuchung ist der Einfluss von Social Media im Bereich B2B noch wenig Bedeutung zu, weniger als 5% des gesamten Traffic auf B2B-Websites generieren die sozialen Netzwerke. Mehr als die Hälfte der Besucher kommen von Facebook, jeder Dritte von Twitter und der Rest von LinkedIn. Bei den Leads hat Twitter eindeutig die Nase vorn: Mehr als 80% der Leads werden über Twitter generiert, der Rest jeweils hälftig von Facebook und LinkedIn. Die Suchmaschinen haben für den B2B-Bereich die weitaus größte Bedeutung: 41% der Besuchen gelangen über Suchmaschinen auf die Unternehmens-Seiten.

Weitere Ergebnisse der Studie:

  • Das größte Gedränge herrscht auf B2B-Sites von Januar bis zum März und dann wieder von September bis Mitte November.
  • Google ist der wichtigste Traffic-Lieferant für B2B-Websites, verantwortlich für über 36% aller Besuche.
  • E-Mail-Abonnenten zeigen ein traumhaftes Engagement: 3,75 Seitenzugriffen pro Besuch (Social Media 2.02 ) sowie eine Konversionsrate von durchschnittlich 2,9% (Social Media 1,2%).
  • Bezahltes Suchmaschinen-Marketing geht zurück: 10% der Unternehmen haben ihre Aktivitäten in 2012 eingestellt.
  • Der Anteil der Refferals über die sichere Verbindung https, die bei der Analyse mit «Suchbegriff nicht definiert» verzeichnet wird, steigt stetig: Im Verlauf des letzten Jahres von 15% auf mehr als 35%.

Die Studienergebnisse sind gut aufbereitet und übersichtlich dargestellt. Es lohnt der Blick in die Studie, die Sie über diese Seite herunterladen können.

Das schlechte Abschneiden zwingt Twitter zum Handeln

In einigen Posts — unter anderem auch hier — wird über eine Gutschein-Aktion berichtet, mit der Twitter versucht, seine «Paid Advertising Products» agressiver als bisher zu vermarkten. Twitter bietet drei Produkte an:

  • Promoted Tweets
    sind normale Tweets, für die Werbekunden zahlen und mit denen die Reichweite einzelner Tweets erhöht werden soll. Promoted Tweets sind eindeutig mit dem Wort “gesponsert” gekennzeichnet. Ansonsten verhalten sie sich genauso, wie normale Tweets. Sie können favorisiert, retweetet oder beantwortet werden.
  • Promoted Trends
    sind wie normale Trends Zeit-, Kontext-, und Event-sensitiv, allerdings von Werbepartnern gesponsert. Spitzenplätze in der Liste der «Trends» können nicht einfach gekauft werden. Wenn ein Thema nicht bereits auf natürlichem Wege eine gewisse Beliebtheit bei Twitter erlangt hat,wird er auch nicht zum Promoted Trend.
  • Promoted Accounts
    werden innerhalb von «Wem soll ich folgen?» angezeigt, sofern man eingeloggt ist. Wenn keine relevante Empfehlung auf den Nutzer zutrifft, wird auch kein Promoted Account auf seiner Seite erscheinen.

Insgesamt ist bezahlte Werbung auf Twitter besonders für KMU eine gute Möglichkeit, eine größere Nutzergemeinde auf Twitter zu schaffen, was letztendlich zu mehr Leads und Sales führen kann. Die Angebote sind einfach zu nutzen und für Unter­nehmen, die wenig Erfahrung mit bezahlter Werbung haben, weit weniger abschreckend als auf anderen Plattformen. Dan Slagen zeigt die Vor- und Nachteile bezahlter Werbung auf Twitter.

Twitter hat eine Studie in Auftrag gegeben, um die Wirkung der «Paid Products» zu untersuchen. Es ist sicher nicht sehr überraschend, dass die Studie zeigt, wie Promoted Tweets Verkäufe fördern und Markenbewusstsein schaffen. Außerdem fand die Studie heraus, dass Twitter-Nutzer häufiger Websites von Online-Shops besuchen als Internet-Nutzer ohne Twitter-Account. Auch kaufen sie häufiger Online ein. Die Studie hat allerdings nur Nutzer von Twitter.com ‘s Desktop-Version erfasst, Nutzer von mobilen Twitter Apps blieben außen vor.

 

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Weiterführende Links
Optify: Optify’s 2012 B2B Marketing Benchmark Report
WSJ: Small Firms Say LinkedIn Works, Twitter Doesn’t
Twitter: Twitter for Small Business [Video]
Mashable: 5 Advanced Twitter-Tipps für Ihre Small Business
Twitter: Twitter for Small Business A GUIDE TO GET STARTED
The Realtime Report: B2B Lead Generation: Twitter Outperforms Facebook, LinkedIn.

 

Bilder: WSJ, The Realtime report, ishp Consulting

 

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