Warum die Corporate Website unverzichtbar ist

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Bis ins letzte Jahrhundert war vor allem im Süden der USA ein Modell der land­wirt­schaft­lichen Pro­duk­tion weit verbreitet, bei dem ein Land­besitzer einem Pächter oder »Sharecropper« erlaubt, ein Stück Land zu bewirt­schaf­ten und im Gegen­zug einen Anteil der Ernte erhält, die von dem Share­cropper auf dem Stück Land erwirt­schaftet wurde. Der Pächter erhielt kein Geld, sondern Naturalien.

Sharecropping breitete sich nach dem amerikanischen Bürgerkrieg aus und ersetzte die Sklaverei durch eine Art neuen Feudalismus. Die Sharecropper produ­zierten und der Landbesitzer nahm ihnen einen großen Teil der Produktion. Er konnte willkürlich den Anteil der Abgaben erhöhen oder die Sharecropper gänzlich von seinem Land vertreiben und so die Sharecropper in den Ruin treiben. Sprichwörtlich über Nacht wurde so das »Geschäftsmodell« der Sharecropper zerstört.

Die Sharecropper des Digitalen Zeitalters

Ich habe häufig darauf hingewiesen, warum sich das Cloud-Computing trotz aller Prognosen im Bussiness-Bereich nur langsam bis gar nicht durchsetzt. Die Angst der Unternehmen, ihre Daten in die Hände anderer zu geben, ist einfach zu groß. Im Bereich der Sozialen Netzwerke scheint dies nicht der Fall zu sein. Mark Zuckerberg plädierte für den Ersatz der Website durch Facebook. Die Agentur Grey Stockholm folgt dem auch gleich. Nach der Veröffentlichung der Betaversion (sic!) von Google+ wird die Frage, ob Google+ das Blog ersetzen kann, ernsthaft diskutiert. Erinnert Sie diese Entwicklung an etwas?

Schon 2006 schrieb Nicholas Carr in »Sharecropping the long tail«:

Eines der grundlegenden ökonomischen Eigenschaften des Web 2.0 ist die Verteilung der Produktion in die Hände der vielen und die Konzentration der wirtschaftlichen Chancen in die Hände der wenigen.

Immer mehr kleine und große Unternehmen legen den Schwerpunkt ihres Marketings auf Plattformen wie Facebook. Sie wähnen sich damit an der Spitze einer technologischen Entwicklung und werden in diesem Denken von der Zunft der »Social Media Berater« auch kräftig angefeuert. Um im Bild des »Sharecropping« zu bleiben: Sie produzieren (Inhalte) auf dem Land anderer und geben dafür einen Teil ihrer Produktion (Daten & Inhalte) an den Landbesitzer ab. So ein Modell kann lange und zur Zufriedenheit beider Partner funktionieren. Wohlgemerkt: Kann.

Verlassen wir das Bild und wenden uns der Wirklichkeit zu. Nachdem Google+ den Hut im Kampf um die Vorherrschaft im Sozialen Netz in den Ring geworfen hat, erleben wir einen wahren Update-Rausch. Fast täglich werden neue Features gelauncht, die die »Nerds« begeistern mögen, den Kleinunternehmer mit seiner Facebook-Page aber eher verunsichern. Zumal Facebook eine sich besonders schnell verändernde Plattform ist. Aber es ist nicht die einzige.

Eine ganze Industrie hat sich um die führenden Sozialen Netzwerke herum gebildet, die Apps, Tools, Content-Aggregatoren, Ranking-Anwendungen und vieles mehr auf den Markt werfen. Neben der Frage, wer außer den (um es positiv auszudrücken) »Social Media Aktivisten« dies alles anwenden soll, stellt sich natürlich auch die Frage: Was ist, wenn einer der »Big Player« das Spielfeld verlässt?

Ein kluger Marketingmix heute wichtiger denn je.

Um es klar und deutlich zu sagen: Wenn Sie auf Facebook oder Google angewiesen sind, weil Sie Ihre Marketingstrategie darauf ausgerichtet haben, sind Sie ein »Digital Sharecropper« und abhängig von den »Digitalen Landbesitzern«, die kommen und gehen. Denken Sie an die vielen Stunden, die in Digg oder MySpace investiert wurden. Diese Dienste existieren zwar noch, sind aber bedeutungslos. Wie wird es Xing ergehen, wenn LinkedIn mit agressiver Vermarktungsstrategie in den deutschsprachigen Raum vordringt? Was ist, wenn die Datenschützer Facebooks Social Plugins und damit auch die Facebook-Unternehmensseiten ernsthaft in Schwierigkeiten bringen? Wer auf Facebook Places gesetzt hat, ist nun angeschmiert (zum Glück waren scheinbar nur wenige). Features kommen und gehen und die »Digitalen Landbesitzer« verwalten ihren Besitz nach Gutsherrenart.

Vielleicht werden Facebook, LinkedIn oder Google+ 10 gesunde Jahre haben, vielleicht sind sie aber in zwei Jhren verschwunden oder haben das Geschäftsmodell grundlegend geändert. Wir können nur raten. Und wenn Sie Ihr Business voll auf diese Plattformen ausrichten und falsch raten, geht Ihr Geschäft den Bach runter.

Sind Facebook und Google also schlecht fürs Geschäft?

Natürlich nicht. Facebook, Google, LinkedIn, Twitter und viele weitere Seiten sind alles hervorragende Werkzeuge, wenn sie sinnvoll und mit einer langfristigen Strategie in den Marketing-Mix eingebunden sind. Dabei solten Sie das Augenmerk auf drei wichtige Säulen innerhalb Ihrer Marketingstrategie richten und Sie können dann entscheiden, wo und mit welchem Stellenwert die Sozialen Plattformen einzuordnen sind. Hier die drei Säulen:

  • Eine gut gestaltete Website oder ein Blog mit vielen wertvollen Inhalten.
  • Eine Opt-in EMail-Liste, idealerweise mit einem hochwertigen Autoresponder.
  • Eine einwandfreie Reputation im Netz.

Sie sehen, mit diesem Modell sind Sie weitgehend auf der sicheren Seite. Ich sage bewusst weitgehend, denn eine Website kann gehackt werden, Ihre E-Mail-Liste könnte geschlossen werden und der gute Ruf könnte durch einen Fehler auch dahin sein. Aber: Bei allen drei Komponenten dieses Modells haben Sie die Reparaturmaßnahmen in der Hand.

Und Sie können diese Werte auch präventiv schützen, indem Sie die Sicherheitsvorkehrungen für Ihre Website optimieren, Ihre EMail-Liste nicht für Spam missbrauchen und – auch über die Sozialen Medien – Ihren guten Ruf im Netz aufbauen und verteidigen.

Sie haben viel Geld und Arbeit in den Aufbau Ihres Geschäftes investiert. Bringen Sie es nicht in Gefahr, indem Sie es ausschließlich auf »fremdem Land« betreiben.

 

Wie denken Sie darüber. Sehe ich zu schwarz? Kann man seine Online-Marketing-Aktivitäten den Sozialen Netzwerken anvertrauen. Kan man auf die Corporate Website verzichten?

Bildquelle: Wikipedia

1 Kommentare

  1. Schön auf den Punkt gebracht. Die großen Plattformen agieren zudem am Rande der Akzeptanz, was Tempo und Transparenz angeht. Wer also nur auf diese Pferdchen setzt, sitzt vielleicht bald unbequem.

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