Collaboration, Social Business – oder doch Enterprise 2.0?

Seit der Enterprise 2.0 Konferenz in Santa Clara (November letzten Jahres) deutet sich eine neue Debatte rund um Enterprise 2.0 und Social Media an. Auf der Konferenz wurde vermehrt der Begriff Social Business (anstelle von Enterprise 2.0) verwendet. Die Konferenz in Santa Clara war eine von vielen Veranstaltungen aus einer inzwischen recht langen Reihe, seit der MIT-Professor Andrew McAfee 2006 das “Enterprise 2.0”-Mem in die Welt setzte. Von der ‘Jeff Dachis Group’ wurde im letzten Jahr eine weltweite Serie von drei Konferenzen in Austin, London und Sidney unter der pompösen Headline “Social Business Design Summit” dagegen gesetzt. Warum? Seit 2008 geht Dachis mit seinem Markenzeichen “Social Business Design” hausieren. Er möchte gerne den Begriff ‘Social Business’ anstatt von ‘Enterprise 2.0’ durchsetzen.

»Enterprise 2.0« vs. »Social Business«

Um die Begrifflichkeiten ist eine heftige Diskussion entbrannt, wobei sich die Befürworter von ‘Enterprise 2.0’ und ‘Social Business’ scheinbar unversöhnlich gegenüberstehen. Die Schlachtfelder in diesem Krieg der Worte sind Twitter, die Blogosphäre, und seit kurzem das 2.0 Adoption Council. Auch auf Quora wird die Diskussion intensiv geführt, teilweise mit Beiträgen in einer Länge, die einen Blogpost rechtfertigen. Der Begriff Enterprise 2.0 scheint vielen in die Jahre gekommen. Obwohl Andrew McAfee ihn vehement verteidigt, meinen andere, wie z. B. die Dachis Group, dass der Begriff eine entscheidende Entwicklung nicht beschreibt: Die Transformation der Social Media von der externen in die interne Kommunikation. Dachis schlägt deshalb vor, den neuen Begriff zu bilden aus Social Computing + Business. Man kommt dann wie sebstverständlich zu ‘Social Business’. IBM hält in der zweiten Frebruarwoche gar einen “Social Business Jam” ab, um einen »wichtigen Dialog über den wachsenden Einfluss der sozialen Technologie in der Wirtschaft« zu führen und gleich noch einen Begriff zu lancieren: »Social Collaboration«. IBM ist es auch, die über Stefan Pfeffer, Marketing Manager ECM & Lotus bei der IBM Deutschland, die Diskussion im deutschsprachigen Raum vorantreibt. Als IBM-Blogger hat der ehemalige Fachjournalist dazu beste Möglichkeiten. Offensichtlich favorisiert er den Begriff Social Business:

Es ist Zeit für Social Business, … auch wenn wir es gerade in Deutschland intensiv erklären müssen und obwohl wir wohl mit zwei Interpretationen leben müssen.

»Social Business« ist umstritten

Mit dem Terminus ‘Social Business’ oder dem zwischenzeitlich in den Ring geworfenen Begriff ‘Social Enterprise’ haben manche Leute ihre Schwierigkeiten, denn ein ‘soziales Business’ könne auch eine andere Bedeutung haben: Geschäfte mit einer sozialen Mission machen. So schreibt Dan Pontefract sinngemäß: »Wir können den Begriff nicht einfach besetzen und hoffen, dass jeder die dem zugrunde liegende Absicht versteht.« Sozial in Kombination mit Geschäft ist offensichtlich nicht nur hierzulande schwierig. Aber es gibt noch anderes Problem: In Kommentaren zu diversen Postings zum Thema wurde auf die Probleme mit dem Begriff ‘Social Business’ schon hingewiesen. Wikipedia dazu:

Social Business ist ein wirtschaftliches Konzept, das oft auf den Friedensnobelpreisträger Muhammad Yunus zurückgeführt wird. In dem Bereich tätige Unternehmen sollen soziale und ökologische gesellschaftliche Probleme lösen. Das Konzept soll den Kapitalismus zukunftsfähig machen.

Ein neuer Begriff kommt ins Spiel: »Collaboration«

Dan Pontefract hat in seinem Post einen Vorschlag gemacht, der vernünftig klingt: »Let’s call it “Collaboration”«. Er führt dazu aus:

As the noun of the word ‘collaborate’, it embodies what Enterprise 2.0 and Social Business strives for, which is people working jointly together to address business, human, customer, employee or societal challenges and opportunities through technology. Collaboration pays homage to the patois lineage of the Latin term collaboratus, past participle to the word collaborare which is signified by the simple phrase “to labour together”.

Feinfühlig weist er aber auch auf die Probleme hin, die der Begriff “Kollaboration” mit sich bringt: »Historisch steht der Begriff für die Zusammenarbeit mit dem Feind zu Zeiten eines Krieges oder der Besatzung. In diesem Sinne „kollaborierende“ Personen werden als Kollaborateure bezeichnet. « (Wikipedia) Er glaubt aber, dass die negative Besetzung des Begriffes überwunden werden kann.

Die reine Expertendebatte läuft am Mainstream vorbei

In allen bisherigen Beiträgen zu Debatte ist aber deutlich erkennbar, dass es sich um eine Diskussion unter Experten handelt. Es wird versucht, verschiedene unternehmerische Ziele, die sich teilweise ausschließen, in einen Begriff zu gießen. Wie will man Kostenreduktion, Produktivitätssteigerung und Steigerung der Kunden- und Mitarbeiterzufriedenheit durch dialogorientierte Kommunikation unter einen Hut bringen? Ein klassischer Zielkonflikt, da Social Media erst einmal Kosten verursacht. Insofern erscheint mir diese Diskussion um Begriffe völlig sinnlos, da sie nichts, aber auch gar nichts mit dem Mainstream zu tun hat. Cordelia Krooß fasst dies in einem Posting bemerkenswert klar zusammen und meint »Experten waren entscheidend für die Etablierung des Begriffs Enterprise 2.0« Aber:

now the beautiful movement we help to create is aiming at mainstream – and therefore the experts are no longer the main target group. If we want to reach mainstream, we need to talk mainstream.

Links zum Thema
Dachisgroup: Communicating the Value of Social Business
2.0 Adoption Council: Welcome to 2.0 Adoption Council
Dan Pontefract: The Org Structure of Enterprise 2.0
Adrew McAfee: ‘Social Business’ is Past Retirement Age
IBM: Social Business Jam
Stefan Pfeiffer: Zeit für Social Business – Jenseits aller Begriffsdefinitionen
Stefan Pfeiffer: Von Enterprise 2.0 und Social Media zum Social Business
Dan Pontefract: Call it Collaboration, Not Enterprise 2.0 or Social Business
Cordelia Krooß, aka Shakespeare’s Daughter: To reach mainstream, we need to talk mainstream

1 Kommentare

  1. Pingback: Enterprise 2.0 wird zu Social Business | Natascha Ljubic - Blog

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