Kann man Einfluss in Sozialen Netzwerken kaufen?

Online Handel eCommerceLady Buy Influence

“Lassen Sie uns wissen, was Ihre Keywords sind, und wir beschaffen Ihnen die Anhänger, die Sie suchen! Kaufen Sie heute noch Twitter-Follower! 100% Geld zurück Garantie”. Wer kann bei einem solchen Angebot schon Nein sagen?

Nun ernsthaft. Solche und ähnliche Angebote finden Sie ohne Probleme zigfach im Web oder auch auf eBay. Versprochen wird der “schnellste Weg zum Erfolg auf Twitter”, auf dem das einzige Problem ist, geeignete Follower zu generieren. Die Lösung: “Der einfachste Weg ist, Follower zu kaufen.” Garantiert werden, “die erforderliche Anzahl Follower auf Twitter innerhalb des vorgesehenen Zeitrahmens.” Auch für Facebook wird ein ähnlicher »Service« angeboten. Wie erfolgreich dieses Geschäftsmodell ist, kann ich nicht beurteilen, es ist jedoch anzunehmen, dass dieser Service eifrig genutzt wird. Die Frage ist nur: Kann man Einfluss in Sozialen Netzwerken kaufen? Dazu muss man jedoch wissen …

Wer und Was beeinflusst Entscheidungen?

Will man die Frage, wer die »Beeinflusser« oder »Influencer« sind, beantworten, muss zunächst folgendes Problem gelöst werden: Wie ist ein »Influencer« definiert? Daraus folgt allerdings eine weitere offene Frage: Wer beeinflusst wen und wo. Im »real Life«, im Web oder noch weiter eingeschränkt in den Sozialen Netzwerken?

Nähern wir uns der Beantwortung vorsichtig. Jon Berry und Ed Keller haben eine auf die USA bezogene Betrachtung dieser Frage veröffentlicht: One American in Ten Tells the Other Nine How to Vote, Where to Eat, and What to Buy. They are The Influentials. Dort heißt es sinngemäß:

Wer sind sie? Die einflussreichsten Amerikaner – diejenigen, die ihren Nachbarn sagen, was sie kaufen, welche Politiker sie unterstützen und wohin sie im Urlaub fahren sollen? Es sind nicht die 10% der Wohlhabensten oder die 10% der am besten ausgebildeten Amerikaner. Oder die 10% der Amerikaner, die alles Neue als erste ausprobieren, von der Franko-Polinesischen Küche bis hin zu Digitalkameras. Nein, es sind 10% der Amerikaner, die sich in ihren Gemeinden engagieren.

Wer und Was beeinflusst Kaufentscheidungen in Social Media?

Für die reale Welt hätte man also eine Defintion oder zumindest eine klar umrissene Gruppe von Menschen, die zu den »Influencern« gezählt werden können. Und es gibt eine – in diesem Fall lokal – abgegrenzte Gruppe von Menschen, die auf die Meinung der »Meinungsführer« zu den verschiedensten Themen Wert legen. Diese Gruppe umfasst Menschen mit den unterschiedlichsten Neigungen und Interessen und kommuniziert über ein breites Themenspektrum.

Wie sieht das nun in den Sozialen Netzwerken aus? Wer gilt in den Sozialen Medien als »Influencer«? Wenn man Klout glauben darf, sind es die Social Networker mit jeweils hohen Werten bei

  1. True Reach (Zahl der Personen, die Sie beeinflussen, im Grunde die Zahl der Follower, Fans und Kontakte)
  2. Amplification (Wieviele Menschen reagieren auf Ihre Tweets, Postings oder CheckIns)
  3. Network Score (Wie oft teilen Menschen mit ihrerseits großem Einfluss Ihre Inhalte)

Danach wäre alles ganz einfach: Man sorgt für eine genügend große Zahl an Followern (auch durch Kauf, s. Eingangsfrage) mit ihrerseits großer Followerzahl (das “richtige” Paket beim Follower-Händler ordern) und postet Inhalte (von auch von Ghostwritern geschrieben), die gern und oft von den Menschen in Ihrem zusammengekauften Netzwerk geteilt werden. So sähe also der »einfachste Weg« Einfluss zu gewinnen aus. Willkommen in der schönen Welt der seller of the social network influence.

Warum funktioniert das nicht?

Nach einer Forrester-Studie beeinflusst Social Media den eCommerce kaum. Haben »Influencer« keinen Einfluss? Oder gibt es sie im Umfeld des eCommerce etwa garnicht? Zum ersten taugt die Definition von »Social Media Influencer« für die wenigsten Bereiche des Social Media Marketing. Es gibt nur wenige Geschäftsmodelle, die eine so große Zahl an Verstärkern an sich binden können, wie z. B. Oprah’s Book Club. Oder können Sie sich vorstellen, für das in einem früheren Post beschriebene Bekleidungshaus für die Generation 60+ eine große Anzahl »Influencer« zu finden? Egal ob organisch gewachsen oder gekauft.

Wenn es einfach wäre, virale Inhalte zu generieren, würde jeder es tun.

Dazu kommt folgendes. Auch Netzwerker mit »per Definition« großem Einfluss stoßen häufig an »die Grenzen des Online-Einflusses«. Ein lehrreiches Beispiel ist in The Limits Of Online Influence beschrieben: Maximale Reichweite eines Tweets, massenhaft Impressions, verschwindend wenig Klicks.

Erfolg, vor allem in Sozialen Medien, ist von der kontextuellen Relevanz abhängig. In den Echtzeit-Streams von Twitter, Facebook und neuerdings auch Google+ ist diese Relevanz nur in wenigen Fällen gegeben. Eine Analogie aus dem »Real Life«: Ist Ihr Waschbecken verstopft, und Sie sehen am Fenster einen Klempner vorbeigehen, ist das für Sie von hoher Relevanz. Was ist, wenn das Wasser nur so in den Abfluss gurgelt? Richtig.

Es gibt natürlich Bereiche, in denen diese zeitliche und kontextuelle Relevanz keine Rolle spielt. Ich spreche da aus Erfahrung. In meinem Twitter-Stream laufen ständig News zum Thema »Social Media« auf, die hohe Relevanz haben und deren Informationsgehalt zum Teilen animiert.

Aber ist das die Regel für andere Bereiche? Ich glaube es nicht. Und da liegt das Problem des Marketers, die eine große Anzahl Follower generiert hat: Stimmt der Inhalt nicht, wird nicht geteilt. Und wenn es einfach wäre, virale Inhalte für jedermann zu generieren, würde es auch jeder tun. Aber es ist nicht einfach und deshalb – bezogen auf die Gesamtmenge an Content – außerordentlich selten. »Gekaufte« Twitter-Follower oder Facebook-Fans zeigen außerdem in der Regel keinerlei Aktivität, sind also nutzlos oder dienen zum »Aufhübschen« der Zahlen. Hier können Sie die Ergebnisse eines entsprechenden Tests nachlesen.

Follower und Fans kaufen ist unanständig und wird auch so empfunden.

Zwei Gründe, die zur Verneinung der eingangs gestellten Frage ausreichend wären, sind genannt. Einen dritten möchte ich hinzufügen: Follower und Fans kaufen ist unanständig. Jeder, der in Sozialen Netzwerken unterwegs ist, entwickelt mit der Zeit ein Gespür dafür, ob die Follower-Zahlen »echt« sind, oder ob sie nach dem Prinzip des »easy Way« zusammengekauft sind. Für Unternehmens-Accounts kann das verheerende Imageschäden hinterlassen.

 

Weiterführende Links:
Brands kaufen “Einfluss”
Buying Influence
Do Influencers Or Customers Buy Your Products?
Was beeinflusst Kaufentscheidungen in Social Media?

 

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

*