Social Media: Gehen wir drei großen Mythen auf den Leim?

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»Social Media« ist in aller Munde, das Wachstum rasant. Die Be­für­worter und viele Marktforscher meinen, den Sozialen Netzwerken gehöre die Zukunft. Die Skeptiker hingegen verstummen nicht. »Sollten wir auf Facebook präsent sein? Was ist mit Twitter? Brauchen wir ein Profil auf LinkedIn? Was ist mit den Videos auf Youtube?« Das sind die Fragen, die in vielen Unternehmen, und hier vor allem in den kleinen und mittleren Unternehmen, die so griffig als »KMU« bezeichnet werden, noch nicht ausreichend beantwortet sind. Immer wieder vorgebracht wird: »Soziale Medien haben ein riesiges Marketing-Potenzial. Mit einer geeigneten Strategie sind über Social Media neue Kunden zu gewinnen.« Aber funktioniert das wirklich, wie oft beschworen? Nicht so, wie Sie vielleicht denken, behauptet das Marktforschungsunternehmen Gallup in einer Studie.

Können Unternehmen über Social Media wirklich neue Kunden gewinnen?

«Kunden und Vermarkter sind gleichermaßen von Social Media begeistert. Aber können Unternehmen davon auch profitieren, um neue Kunden zu gewinnen?» heißt es im Teaser des Artikels im Gallup Management Journal. Gallup kündigt dort «bahnbrechende neue» Erkenntnisse darüber an, «wie Menschen mit sozialen Medien interagieren» und über die «Wirksamkeit Sozialer Medien als Marketing-Instrument». Damit will Gallup mit den «Three Big Myths» von Social Media aufräumen.

Gallup ist ein sehr renommiertes Marktforschungsinstitut, deshalb lohnt es sicher immer, einen Blick auf «bahnbrechende Erkenntnisse» zu werfen. Schauen wir einmal, mit welchen Mythen die Gallup-Studie aufräumen will. Ich habe sie hier im Zusammenhang dargestellt, im Gallup-Artikel sind sie über einen längeren Text verteilt.

  1. Social Media Aktivitäten verstärken Kundenbindung und Akquisition.
  2. Social Networking ist ein Online Phänomen.
  3. Alle nutzen Netzwerken in gleicher Weise.

Macht sich bei Ihnen eine gewisse Ratlosigkeit breit? Mir ging es jedenfalls so, als ich die «Mythen» im Zusammenhang sah. Punkt 1 lohnt möglicherweise einer näheren Betrachtung, um zu sehen wie Gallup diesen «Mythos» als solchen entlarven will. Beim zweiten Punkt kann es sich höchstens um die Sichtweise Online-fixierter Menschen handeln, deren soziale Kontakte auf’s Netz beschränkt sind und Punkt 3 ist allenfalls ein Konstrukt der Gallup-Forscher, aber sicher kein «Mythos». Aber der Reihe nach.

Mythos 1.  Social Media Aktivitäten verstärken Kundenbindung und Akquisition.

Mythos 1 wird von Gallup so «entlarvt»:

Fact: Engagement with a brand drives social engagement.
This first myth cuts to the core of what organizations want social media initiatives to accomplish: getting new customers and keeping existing customers. Yet according to Gallup research, brand-sponsored social media initiatives have very little impact on consumer decision making. Nor do they drive prospective customers to consider trying a brand or recommending a brand to others in their social network. (See graphic “Key Influences on Customer Decisions.”)

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Nun ist die Tatsache, dass z. B. Facebook nicht so einflussreich auf die Ent­schei­dungs­fin­dung der Menschen ist wie der Ehepartner erstens verständlich und zweitens bedeutet es nicht, dass Facebook nicht wirksam wäre. HubSpot hat gezeigt, dass 41% der Business-to-Business-Unternehmen und 67% der Business-to-Consumer-Unternehmen via Facebook Kunden gewonnen haben. Die Zahlen für Twitter und Corporate-Blogs sind ähnlich, während LinkedIn nicht sehr überraschend zu mehr Neukundengewinnung im B2B-Bereich als B2C-Bereich führte.

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Bei Gallup geht es weiter mit dem Streit «Wer war zuerst da: Die Henne oder das Ei?».

Brand-sponsored social media initiatives don’t have much influence on a customer’s deep rational and emotional attachment, which we call customer engagement. Gallup analysis shows that it works the other way around: Customer engagement with a brand drives social engagement, the degree to which customers will work for or against your company or brand within their social networks.

Sind das für Sie «bahnbrechende neue» Erkenntnisse? Ich denke nein, es handelt sich eher um ein in Glanzpapier verpacktes Nichts.

Mythos 2.  Social Networking ist ein Online Phänomen.

Our analysis suggests that the most frequent type of social networking is still analog—face-to-face or over the phone. This holds true among all types of social networkers, even younger social networkers.

Beim «Netzwerken» handelt es sich um ein tief in der Geschichte verwurzeltes, mensch­liches Ver­hal­ten. Der Begriff «Soziales Netzwerken» ist eine Beschreibung sozialer Inter­aktionen beliebigen Typs. Allianzen schmieden, Kontakte knüpfen, Informationen oder Referenzen in Tauschgeschäften einlösen, Empfehlungen aussprechen sowie Wissen und Erfahrungen (mit-) teilen. Nur ein Narr würde behaupten, dass sich das «Netzwerken» vollständig oder auch nur zum annähernd größten Teil ins Web auf die «Sozialen Plattformen», also «Online-Netzwerke» verlagert hätte. Jeder weiß, dass Menschen auch «Offline» miteinander «netzwerken», etwa 90% der Mundpropaganda geschieht offline – face-to-face oder am Telefon, wie Sie in diesem kleinen Quiz von Keller Fay nachlesen können. Das soll den Wert des «Social Media»-Engagements nicht schmälern, «word of mouth» findet Offline und Online statt und befruchtet sich gegenseitig.

Mythos 3.  Alle nutzen Netzwerken in gleicher Weise.

Als «bahnbrechend» verkauft Gallup auch die folgende Erkenntnis:

Fact: People use social networks in very different ways — and for very different reasons. […] Social networkers have different intrinsic reasons why and how they use their networks. They won’t change those to fit your organization, so the key is to understand these differences and align your initiatives to them.

Nun gibt es ja inzwischen Hunderte, wenn nicht Tausende von Studien, die genau auf diesen Umstand hinweisen. Gallup argumentiert jedoch, dies sei eine «entscheidende Information», die bei der Social Media Strategie berücksichtigt werden sollte. Den Unternehmen wird in der Studie attestiert, dass sie in ihrer Marketing-Strategie die Kunden-Segmentierung durchaus berücksichtigen, nur leider nicht dann, wenn es sich um Soziale Netzwerke handelt. Dieses Argument kommt als Erkenntnis aus dieser Unter­suchung sehr überraschend. Handelt es sich doch um eine Befragung von Kunden, aus der Rückschlüsse auf das Verhalten von Unternehmen gezogen wird:

Results are based on a Gallup Panel study consisting of web surveys completed by 17,254 national adults, aged 18 and older. Respondents were deemed proficient internet users based on their ability to complete the survey via the web.

 

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