Ist Google+ wirklich im Abwind ? Zahlen auf dem Prüfstand.

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»Traue keiner Statistik, die Du nicht selber gefälscht hast« ist ein Zitat, das in kaum einem Artikel oder Buch über Statistik fehlt. Diese Aussage wird im allgemeinen Winston Churchill zugeschrieben, das ist jedoch nicht belegt.

In meinem »ersten beruflichen Leben« war ich sehr häufig mit statistischen Aus­wer­tungen befasst. Deshalb betrachte ich Sta­tis­tiken ohne Aus­sage zur Methodik der Daten-Erhebung immer mit kritischer Dis­tanz. Wo immer es möglich ist, versuche ich die Quellen zu finden und bei der Be­wer­tung zuberücksichtigen.

Der Schweizer »Tages¤Anzeiger Digital« veröffentlichte einen Artikel, getitelt mit »So viel zum Thema Google Plus«. Geteasert ist er mit

Der Hype um das Soziale Netzwerk des Suchmaschinen-Giganten wird wohl bald vorbei sein. Die Firmenchefs werden schon mal von ihren eigenen Mitarbeitern wegen des sich abzeichnenden Flops verspottet.

Schnell rauf, schnell runter?

Mir geht es in diesem Beitrag nicht darum, den »Erfolg« oder »Misserfolg« von Google+ zu bewerten. Vielmehr möchte ich die Sensibilität bei der Bewertung von veröffentlichten Daten aller Couleur erhöhen. Das gilt für den Klout Score genauso wie für die von Chitika veröffentlichten Daten. Außerdem können Sie an diesem Beispiel gut sehen, wie alleine durch die Art der Darstellung »Meinung gemacht« werden kann, ohne etwas wirklich Falsches auszusagen. Ich habe hier einmal die vom Tages¤Anzeiger und die im Chitika-Blog veröffentlichten Charts nebeneinander gestellt.
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Der Tages¤Anzeiger hat dazu die Stirn die Grafik mit Bild: Insights.chitika.com zu kennzeichnen. Fällt Ihnen etwas auf? Blöde Frage, oder? Die Grafik des Tages¤Anzeiger ist »dramaturgisch aufgepeppt«, es fehlt die Beschriftung der Achse (Was wird gemessen?) und auch im Text gibt es keine Hinweise dazu. Um einen einigermaßen realistischen Überblick über die Entwicklung von Google+ anhand von Chitika-Daten zu erhalten, sollten Sie sich besser diese hier veröffentlichte Grafik ansehen:
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Sie sehen, wirklich weitergekommen scheint Google+ durch die Öffnung nicht. Es gibt schon eine Weile diese »Up« und »Downs«, wenn Sie die Chitika-Daten als Maßstab nehmen. Doch dazu weiter unten mehr. Zunächst möchte ich Sie auf einen anderen, mit Leichtigkeit hingeworfenen Satz im Artikel des Tages¤Anzeiger hinweisen.

Facebook, Twitter & Co: seit 12. September keine neuen Nutzer?

Wie schwer es ist, an verlässliche Daten zu kommen (oder wie leicht es ist, Datenquellen zu hinterfragen), zeigt auch ein anderer Verweis des Tages Anzeiger:

Laut der Website Ebizmba.com, welche sich auf Traffic-Zahlen der Firmen Alexa, Compete und Quantcast beruft, hat Google Plus (Stand 5. Oktober) 32 Millionen Nutzer und befindet sich in der Rangliste der erfolgreichsten Netzwerke auf Platz 6 – noch hinter Ning (60 Millionen) und dem kriselnden Portal Myspace (80,5 Millionen).

Nimmt man diese Zahlen ernst, so hat keines der 15 Top Social Networks im letzten Monat auch nur einen Nutzer dazugewonnen. Hier einige ScreenShots dazu, die Links zu den Quellen finden Sie unten.
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Es wäre für den Tages¤Anzeiger ein leichtes gewesen, diese Quellen zu finden (1 x Googlen). Allerdings, und das ist wenigstens etwas Positives, stellt er diesen inoffiziellen andere Daten gegenüber:

Nach anderen (ebenfalls inoffiziellen) Zahlen waren Ende September bei Google Plus etwas über 40 Millionen Nutzer registriert.

Woher diese kommen, wird allerdings nicht gesagt, sie sind in der Zwischenzeit durch Google selbst bestätigt. Verstehen Sie mich nicht falsch. Ich nehme den Artikel des Tages¤Anzeiger nur zum Anlass darauf hinzuweisen, dass eine kritisches Hinterfragen von Headlines, Teasern und Zahlen (auch von durchaus geschätzten Blogs und Online-Puklikationen) so falsch nicht ist.

Eine entscheidende Frage: Was ist und misst Chitika eigentlich?

Es war für mich auch Anlass nachzuschauen, wer »Chitika« ist und was Chitika eigentlich misst. Mashable Social Media schreibt dazu: »The (Chitika) research center’s Google+ traffic index measures the rate of referrals from the social network.« Zunächst zur Frage, wer oder was ist Chitika? Es handelt sich bei Chitika um einen Advertising-Dienstleister, der vor allem (wenn nicht sogar ausschließlich) den Nordamerikanischen Markt bedient. Insofern ist das Netzwerk mit Goole’s AdSense vergleichbar und auch ein direkter Wettbewerber. Allerdings bedient es wohl vorwiegend einen Nischenmarkt:

Chitika is specially good, and probably work better on the sites with more targeted niche. Like e-books, apple products, digital cameras…

heißt es auf Bash Bosh Blog dazu. Auch hier werden die beiden Dienste verglichen.

Chitika misst einen Index, wie z. B. der Aktienindex einer ist, also eine Kennzahl, die die Entwicklung einer »Größe« (wie z. B. Nutzerzahlen) in einem bestimmten »Segment« (z. B. Apple-Nutzer in Nordamerika) beschreibt. Lesen Sie, was Chitika im Chitika Special Report selbst dazu schreibt:

In online advertising, referrals are how people find websites. A referral occurs when a customer is on a website and clicks on a link that links to your website. For instance, if a friend was sharing a YouTube video with you on Google+ and you clicked through, YouTube would register your referral domain as plus.google.com. People and businesses use Google+ to share information and links across their networks. In this case, the number of referrals does correspond to the usage for types of sites where the main purpose is to share, especially in the form of links.

Da, so argumentiert Chitika, die Anzahl der Klicks auf die Anzeigen »rauf und runter« gehen und mit z. B. der Zahl von Suchanfragen korrelieren, handele es sich um aussagefähige Daten. Ein Index braucht normalerweise eine Bezugsgröße. Welche Bezugsgröße dies ist, konnte ich nicht herausfinden. Da aber die Methodik der Datenerfassung gleich bleibt, hat Chitika recht, wenn es darauf hinweist, dass man keine »Äpfeln mit Birnen« vergleiche: Die Daten zum Zeitpunkt x sind genauso aussagekräftig wie die zum Zeitpunkt y. Das ist aber auch alles.

Mein Fazit: Die Unternehmen tun sich keinen Gefallen, wenn Sie aus merkantilen Gründen mit offiziellen Nutzerzahlen hinter dem Berg halten. Sie öffnen damit Spekulationen Tür und Tor und spielen Kaffeesatzlesern in die Hände, die mit einer Analyse der Häufigkeit von Familiennamen die Nutzerzahlen hochrechnen und ‘mal kurz um 20% danebenliegen.

Links zum Thema:
URL Bild Tagesanzeiger
URL Chitika Blogeintrag
eBiz|MBA Zahlen 15 Oktober
eBiz|MBA Zahlen 12 September

 

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