Gefakte Fans und Follower — Jammern allein reicht nicht.

Massenhafte Spam-Botschaften in seiner Timeline, gekaufte Fans, Likes und Follower, manipulierte Kundenbewertungen in Online-Shops oder auf Reiseportalen: Social Networks haben seit langem ein massives Problem mit autonom agierenden Programmen, den sogenannten Bots. Um diese dunkle Seite des Web hat sich eine umsatzstarke Fake-Industrie etabliert.

Es gibt genug Unternehmen, die ihren Kunden einen wun­der­sames Wachstum der Fan­ge­meinde und Likes versprechen. Solche Unternehmen sind deshalb so erfolgreich, weil Unternehmen/Marken immer noch glauben, die Anzahl Fans, Follower oder Likes sprächen bereits für den Erfolg in den sozialen Medien. Viele Unternehmen sind in dieser Hinsicht völlig beratungsresistent.

Like-Schleudern arbeiten wie Call Center

Bereits im Juli letzten Jahres berichtete Mashable über massenhaft gefakte Facebook – Likes auf einer von der BBC eingerichteten Testseite. Die für die fik­tive Firma VirtualBagel Ltd angelegte Seite hatte kurz nach dem Erstellen bereits mehr als 3.000 Likes gesammelt. Die Analyse der BBC zeigte dann, dass unver­hält­nis­mäßig hohe Zahl der Likes aus Ägypten und den Philippinen erfolgt waren. Unter ihnen: Ein in Kairo lebender Fan, der sich Ahmed Ronaldo nannte und behauptete, für Real Madrid zu spielen. Schon Ende Januar 2013 hatte ich darüber berichtet.

Die indische Seite Social Samosa beschreibt, wie Firmen arbeiten, die quasi über Nacht für die Vermehrung von Fans, Followern und Likes sorgen:

  1. These companies work like Call Centres, Sweat Shops, Work from Home, Part time jobs etc.
  2. They get people to create multiple fake profiles
  3. They are asked to ‘Like’ the pages of the company’s clients

Und monatlich grüßt … Ja was eigentlich?

Jetzt kocht das Problem der Fake-Accounts — wieder einmal mehr — hoch, nachdem das „Bits“-Blog der New York Times darüber berichtete. Anlass des Berichtes ist eine Untersuchung der italienischen Sicherheits-Experten Andrea Stroppa und Carlo De Micheli, die sich — nicht als erste — näher mit dieser Problematik befasst haben. In der italienischen Ausgabe der HuffingtonPost schreiben sie sehr ausführlich über ihre Untersuchungen, deren Quintessenz im „Bits“-Blog zusammengefasst ist. 20 Millionen Twitter-Accounts sind laut einem Bericht der des „Bits“-Blog der New York Times Fake-Follower. Als Ursache nennt der Artikel das riesige geschäftliche Potential der gefälschten Twitterer. 1.000 Follower seien derzeit im Schnitt 18 US-Dollar wert. Einige Verkäufer würden pro Woche eine Million US-Dollar Umsatz erwirtschaften.

Solange ein Markt existiert, wird es Fake geben

Der italienische Medienforscher Marco Camisani Calzolari (IULM University of Milan) hatte ebenfalls schon Mitte 2012 durch eine Studie herausgefunden, dass besonders Firmen-Accounts von automatisierter Gefolgschaft profitieren. Für die Untersuchung waren je Unternehmen Stichproben von 10 000 Followern herangezogen worden. Das Ergebnis: Die 39 untersuchten Firmen hatten demnach bis zu 46 Prozent gefälschte Follower. Als möglicher Grund wurde Auslagerung von Social-Media-Aktivitäten an Agenturen vermutet, die versuchen, die Fanzahlen mit Roboter-Software in die Höhe zu treiben.


Grafik: Marco Camisani Calzolari

Machen wir uns nichts vor: Allein auf die Fähigkeiten von Twitter, Facebook & Co zu vertrauen, die Fakes zu erkennen und auch zu eliminieren, hilft nicht weiter. Solange die reine Anzahl von Fans, Followern, Pins, Likes und was sonst noch alles durch einen Klick zu steigern ist, ein Maß für ‘Erfolg in Social Media’ ist, wird es einen Markt dafür geben, dies gegen Cash zu liefern. Und solange wird auch der Wettbewerb zwischer Tarnen von Fakes und deren Enttarnung weitergehen.

Das Problem ist lange erkannt. Was kann man selbst tun?

Ich bin mir sicher, dass meine Accounts von Fakes kaum betroffen sind. Erstens sind die Zahlen sehr überschaubar, und das wird sicher auch so bleiben. Ich sehe mir Twitterer, denen ich folge, immer näher an, automatisches Folgen eines neuen Followers lehne ich hab. Ich weiß, dass ist umstritten und gilt bei einigen als unhöflicher Verstoß gegen die ‘Twittiquette’. Ich halte es aber so.

Jeder Einzelne kann im Übrigen anhand eines Kriterien-Kataloges, den Marco Camisani Calzolari seiner Studie zugrunde gelegt hat, seinen Account nach Fakes durchsuchen, wenn er nicht Tools wie SocialBro mit seinen ausgefeilten Filterfunktionen nutzen will.

Hier sind einige der wesentlichen Kriterien, nach denen man weitgehend ausschließen kann, dass es sich um einen Fake-Account handelt:

    Das Profil enthält einen Namen

  • Das Profil enthält ein Bild
  • Das Profil enthält eine physikalische Adresse
  • Das Profil enthält eine Biografie
  • Der Benutzer hat mindestens 30 Anhänger
  • Der Benutzer ist durch andere Benutzer gelistet
  • Der Benutzer hat mehr als 50 Beiträge geschrieben
  • Der Benutzer ist geolokalisiert
  • Das Profil enthält eine URL
  • Der Benutzer hat schon andere Tweets favorisiert
  • Der Benutzer verwendet Satzzeichen in seinen Tweets

In der Studie selbst sind weitere Kriterien beschrieben, ein Blick hinein lohnt sich. Jeder von uns trägt Verantwortung. Jammern allein reicht nicht. Wie ist Ihre Meinung? Hinterlassen Sie Ihre Meinung hier im Blog oder in den Social Networs. Share-Buttons finden Sie auch oberhalb des Beitrages.

Weiterführende Links:
Heise Online Studie: Twitter-Bots folgen Unternehmen

Bilder: Marco Camisani Calzolari, Jens Goetzke / pixelio.de

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